Gerade ist wieder etwas Zeit, um das Triakonta-Regelwerk für das Setting Pandora weiter zu überarbeiten. Und ironischwereise bin ich nun bei dem Teil, auf den ich mich vor einem halben Jahr freute, aber stattdessen beiße ich metaphorisch gesehen immer wieder in die Schreibtischkante. Weil es ziemlich schwierig ist, Regeln zwar komplex und mit viel Spielweltbezug, gleichzeitig aber einfach und schnell in der Anwendung zu designen. Weiterlesen
Archiv für den Monat Oktober 2014
Spalter, definiere Charakterspiel.
Ingo vom Obskures-Blog hat eine Abrechnung mit einem jungen Artikel von John Wick geschrieben, auch Mad-Kynadalanth kommentiert, und ein Dutzend englischsprachiger Blogger ebenfalls. Der Ausgangsartikel mit dem schönen Titel „Chess is not an RPG: The Illusion of Game Balance“ ist so provokant wie kritikwürdig, in wick’scher Weise unterhaltsam und zeugt dennoch von einem hohen Spalter-Potential, das Falk auf Obskures.de treffend kommentiert: „ernsthaft John? Die 90iger haben angerufen und vermissen deinen Beitrag auf den Schulhofdiskussionen.“
Zwischen den Zeilen von Wicks Beitrag liegen neben einer nicht eben verhohlenen Besserspieler-Attitüde (die diesmal noch gesteigert wurde: „ihr seid nicht mal schlechte Rollenspieler, ihr seid gar keine Rollenspieler!“) aber auch Grundsatzfragen, die man durchaus durchdenken sollte und die vielleicht auch zu ein wenig Selbsterkenntnis führen können. Da ich derzeit ja auch wieder an einer theoretischen Reihe schreibe, möchte ich den Artikel zum Anlass nehmen, mich am „definition war“ zu beteiligen und eine ebenfalls provokante These in den Raum zu stellen: was Wick propagiert, ist vielleicht auch kein Rollenspiel.
Achtung: der Beitrag fällt in die Kategorie „Grant“ und kann deswegen Übertreibungen und Schnellschüsse beinhalten.
Der Vorstellungsraum (2) – Aufbau der Gedankenwelt
Im ersten Beitrag dieser neuen Serie habe ich die individuelle Gedankenwelt des einzelnen Spielers (genannt den „individuellen“ oder „persönlichen Vorstellungsraum“) als zentrales Konstrukt einer neuen, theoretischen Betrachtung klassischen Pen&Paper-Rollenspiels vorgeschlagen. Die letzten beiden Artikel befassten sich dann, angeregt durch Diskussion anderer Blogger, mit der Existenz und Kommunikation eines „Gemeinsamen“ Vorstellungsraums sowie Rollenspiel als Verhandlung und Konsensfindung mit dem Ziel, eine möglichst hohe Kongruenz der unterschiedlichen Vorstellungen der Mitspieler zu erreichen.
In diesem Artikel (der aufgrund persönlich-beruflicher Gründe leider sehr spät kommt, Entschuldigung dafür) möchte ich nachfragen, wie sich die Gedankenwelt, der persönliche Fantasieraum, auf den Rollenspiel abzielt, eigentlich konstruiert – schon in meinem ersten Beitrag habe ich hier die fünf Faktoren Hintergrundbeschreibungen, Spielweltregeln, Spieltischregeln, implizite Ansprüche und gruppendynamische Prozesse genannt, wobei nur die ersten drei dem (unvollständigen) Einfluss eines Autors oder Designers unterliegen. Doch in Kombination mit den beiden anderen, oft nur impliziten und teilbewussten Faktoren, ergibt sich vielleicht auch eine Möglichkeit, anhand der Gewichtung der einzelnen Komponenten so etwas wie „Spielertypen“ zu beschreiben und das eigene Spielverhalten auf einer abstrakteren Ebene kritisch zu reflektieren. Weiterlesen