Werkstattbericht (5): Kampfsystem revisited

TRIAKONTA_LogoDas Kampfsystem von Triakonta, das ich in den ersten frühen Überblicksartikeln bereits schlaglichtartig vorgestellt habe, hat inzwischen nach weiteren Spieltests in der Welt von Pandora nochmal einiges Feinschliff erfahren – wenige Ausbauten, aber einige Vereinfachungen und Zuspitzungen. In diesem Werkstattbericht möchte ich einige Dinge vorstellen, die sich geändert haben – und warum.

 

Die bleibende Basis

Was sich bewährt hat, ist das grundlegende System der Kampfwerte (wir erinnern uns: der Durchschnitt aus benutzter Fertigkeit und höchster Fertigkeit), Kampfwürfe (immer vergleichend), das grundsätzliche Schadenssystem (Waffenschaden + Qualität reduziert um halben Panzerungswert, und nur nichtletal, wenn der Gesamtschaden den Panzerungswert nicht übersteigt) und verschiedene Manöver. Kampfwürfe gehen fix, bisher passen die Zahlenwerte gut zusammen (Schaden und Rüstung bzw. Schaden und Lebenspunkte), und der Kampfablauf fügt sich recht nahtlos ins Kopfkino ein. Was in der Realität aus der Situation Sinn ergibt, funktioniert üblicherweise auch regeltechnisch gut, und andersherum – zumindest, wenn man eine kleine Handvoll Spielleiterwillkür in gesunden Menschenverstand verpackt beimischt, wie aus den bisherigen Spielberichten vielleicht hervorgeht. Auf diese bislang bestehende Harmonie zwischen Spielwelt und Regeln bin ich tatsächlich auch ein wenig stolz.

Bleiben wird natürlich auch die Option, das Kampfsystem vereinfacht und mit nur einem einzelnen Kampfwurf statt separater Angriffs- und Verteidigungswürfe zu spielen, was alles nochmal deutlich schneller macht, wenn man ohnehin weniger Wert auf Details legt.

 

Neuigkeiten: Ausrüstungswerte, Schadensarten und Überraschungsmanöver

Inzwischen gibt es auch vollständige Wertesätze für verschiedene Waffen und Rüstungen, inklusive – vor allem – der Option von Verbesserungen und Individualisierungen derselben. Gerade bei den Waffen war dies nicht ganz trivial, da ich zum einen den Anspruch hatte, dass keine Waffengattung (z.B. Schwert, Axt, Keule oder Speer) einer anderen prinzipiell wertetechnisch überlegen, gleichzeitig die verschiedenen Waffentypen aber doch deutlich unterscheidbar sein sollten. Dies funktioniert derart, dass Waffen eines bestimmten Typs (z.B. Einhandwaffen wie Schwerter, Äxte und Keulen) einerseits von einem bestimmten Basiswertesatz ausgehen (z.B. einem einheitlichen Schadenswert von 3W6+[#KK] bei Einhandwaffen), andererseits inzwischen (optional) aber drei verschiedene Schadensarten (Hieb, Schnitt und Stich) eingeführt wurden, die jeweils eine eigene Sonderregel haben: bei Stichwaffen kann der Schaden einmalig explodieren (d.h. 6er auf dem Schadenswürfel dürfen erneut gewürfelt und addiert werden), Schnittwaffen haben einen höheren Durchschnittsschaden (d.h. Schadens-1er dürfen erneut gewürfelt und addiert werden) und Hiebwaffen sind effektiver gegen gepanzerte Gegner (der Rüstungswert wird um 1/5 reduziert). Die Rüstung hat auf diese Schadensarten der Einfachheit halber keinen Einfluss (also keine unterschiedlichen Panzerungswerte für Hieb, Schnitt und Stich), was dem Spielfluss deutlich zugutekommt; es gibt lediglich die Einschränkung, dass die Boni von Schnitt- und Stichwaffen nur greifen, wenn die Rüstung des Ziels durchdrungen wird, d.h. der Schaden höher ist als der Panzerungswert. Diese drei Schadensarten erscheinen mir bislang recht ausgewogen und sind auch im Spiel einfach anzuwenden. Neben den Schadensarten haben die verschiedenen Waffen wie gesagt noch weitere Details, in denen sie sich unterscheiden. Viele Waffen können wahlweise unterschiedlichen Schaden verursachen, was deswegen relevant sein kann, da viele mythische Gegner Resistenzen gegen die eine oder andere Schadensart besitzen – daneben gibt es noch wertetechnische Unterscheidungen wie die, dass Hiebwaffen z.B. einen leichten Verteidigungsmalus mit sich bringen, Schwerter dafür deutlich teurer und seltener sind; Zweihandwaffen verursachen natürlich deutlich mehr Schaden als Einhandwaffen, erlauben aber nicht den Einsatz von Sekundärwaffen oder Schilden; Speere können flexibel mit unterschiedlichen Werten ein- oder zweihändig geführt werden. Bislang scheint die Balance der Waffenwerte gut zu klappen, für das langfristige Balancing muss aber natürlich noch mehr getestet werden.

Waffen und Rüstungen haben nun einen Qualitätswert, der nach oben und unten abweichen kann, was jeweils Boni oder Mali auf verschiedene Werte nach sich zieht – beispielsweise gesenkte oder erhöhte Stabilität, eine bessere Rüstungsdurchdringung bei Keulen, eine Umwandlung von Schadenswürfeln (z.B. lassen sich bei Schwerten 1W6 zu 2W4 machen, was natürlich besonders in Kombination mit der Sonderregel des Schnittschadens interessant ist) oder erhöhter Schaden von Wuchtwaffen zu Lasten von Initiative, Last und Verteidigung.

Neu ist ebenfalls die einheitliche Verregelung von „Überraschungsmanövern“, also Aktionen, die nur indirekte, „nichtstandardisierte“ Kampfhandlungen sind, wie der Sprungangriff von einer Balustrade, das Sand-ins-Gesicht-werfen, das Teppich-unter-den-Füßen-wegziehen oder Umstoßen von Flammschalen in Richtung des Gegners. Diese funktionieren als vergleichende Proben mit verschiedenen definierten Effekten wie Schaden, Erleichterungen oder Erschwernissen. In der genauen Ausgestaltung derselben (inklusive der Probenwerte) ist man relativ frei, ebenso im investierten Aufwand an Zeit, Handlungen und freiwilligen Zuschlägen, so dass derlei Aktionen auch zu einem taktischen Element werden können. Ich wollte keinen Katalog unkonventioneller Manöver erstellen, sondern das jeweils in den Händen der eigenen Spielrunde lassen, aber man hat nun ein einheitliches Gerüst, mit dem man, denke ich, ganz gut improvisieren kann.

 

Änderungen: Schocks, Distanz und Handlungen

Als etwas problematisch hat sich in den früheren Spieltests erwiesen, dass Charaktere im Einsatz relativ schnell ziemlich viele dauerhafte Malusstufen mit sich herumschleppen können – aus angesammelten Erschöpfungspunkten, niedriger Lebensenergie, Verletzungen und Schocks durch schwere Treffer. Dem wurde zunächst durch eine Überarbeitung der Regeln für niedrige Lebensenergie und Schocks begegnet – letztere sind nun (meist) keine dauerhaften Zustände mehr, die regeneriert werden müssen, sondern erfordern jetzt sofortige Widerstandswürfe, um nicht einen kurzfristigen Malus in der nächsten Kampfrunde zu erhalten oder bei schweren Treffern möglicherweise sogar sofort kampfunfähig zu werden; aus Schocks schleppt man dauerhaft nun höchstens noch eine einzelne Malusstufe mit sich herum (anstatt wie früher bis zu dreien). Auch die eigenen Schockschwellen als abgeleitete Werte wurden entfernt, Schockeffekte basieren der Einfachheit halber nun auf den Verletzungsschwellen.

Die zweite Maßnahme gegen überflüssiges Rechnen im Kampf in Kombination mit Malusstufenkumulation war die Überarbeitung der Distanzregeln. In älteren Versionen von Triakonta funktionierte der Distanzwert einer Waffe ähnlich wie der WV bei DSA3 durch eine direkte Differenzbildung mit dem Wert des Gegners und einem Ab- bzw. Zuschlag auf die eigenen Kampfwerte (mit dem Unterschied, dass je nach Situation die längere oder kürzere Waffe im Vorteil sein konnte). In der aktuellen Überarbeitung wurden die Distanzwerte verkleinert (auf 0 bis 5) und zwischen den Waffen stärker vereinheitlicht, was die Differenzbildung schonmal einfacher macht, und ihr Effekt auf Bonusstufen festgelegt, die jeweils derjenige mit der vorteilhafteren Waffe auf seine Kampfwürfe erhält. Dies ist nicht nur simpler und schneller, sondern auch im Effekt (Bonusstufen statt fixer kleiner Zahlenwerte) näher an der Spielweltrealität; beispielsweise ist es für einen Speerkämpfer nun auf Distanz deutlich leichter, einen Dolchkämpfer mittels des Manövers Gegenangriff auflaufen zu lassen, während in Handgemengedistanz der Dolchkämpfer einfacher starke Angriffsmanöver anbringen kann. Die Bonusstufen begünstigen außerdem den Einsatz von Manövern (da sie effektiver den zahlentechnischen Effekt von deren Malusstufen ausgleichen als fixe Zahlenwerte) und machen damit den Kampf insgesamt dynamischer. Wenn man mit den Distanzregeln spielt, natürlich, denn wie vieles andere sind auch diese als komplexe Detailregeln optional.

Als letzter großer Punkt wurde das Handlungssystem vereinheitlicht und angepasst. Fernwaffen werden nun nicht mehr über Initiativpunkte geladen, sondern mit einzelnen Handlungen – ein schnelleres Nachladen ist um den Preis eines erschwerten Angriffswurfs möglich. Neu gemacht wurde im Zuge dessen auch der Über- und Unterzahlkampf; standardmäßig hat man im Nahkampf einen Angriff gegen einen Gegner und so viele Verteidigungswürfe, wie man gegen diesen eben braucht. Jeder zusätzliche Angriff und jede zusätzliche Verteidigungsoption gegen einen weiteren Gegner (heißt: so viele Würfe wie gegen diesen nötig) zählen als zusätzliche Handlung in einer Kampfrunde – diese erschweren alle Würfe um (-) pro solcher. Man kann also selbst bestimme, wieviele Angriffe pro Runde man durchführen oder gegen wieviele Gegner man sich verteidigen will, doch erschwert dies alle Handlungen in dieser Runde (nicht nur die zusätzlichen) – per Vorteil kann man diese Malusstufen im Kampf gegen mehrere Gegner abbauen. In diese Überarbeitungskategorie fällt auch die Vereinheitlichung und Klarifizierung der Initiative-, Überraschungs- und Hinterhaltsregeln; der Kämpfer mit der höheren Initiative hat nun neben der Option zum Erstschlag auch die Möglichkeit, seinem Gegner den Vortritt zu lassen mit dem Vorteil, dass er seine eigenen Aktionen in dieser Runde dann erst nach der Ansage des Gegners verkünden muss – was eine wertvolle taktische Option für starke Verteidigungsmanöver wie den Gegenangriff sein kann, der natürlich leichter fällt, wenn der Gegner selbst ein Angriffsmanöver mit Malusstufen (und damit potentiell geringerer Qualität für den Vergleich) ansagt.

 

Insgesamt ist das Kampfsystem nun auf einem Stand, den ich als „final Beta“ bezeichnen würde.

Was als nächstes ansteht, ist neben der Erweiterung der Ausrüstungslisten noch das Kapitel zum Götterwirken bei dem ich inzwischen sehr zwiegespalten über Form und Inhalt bin – dazu mehr in einem folgenden Werkstattbericht. Und dann kann es an die Zusammenschrift des Hintergrunds gehen, der sich regional momentan noch live mit den Spielrunden entwickelt.

Wie üblich freue ich mich über jeden Kommentar.

3 Kommentare zu “Werkstattbericht (5): Kampfsystem revisited

  1. Curthan sagt:

    Interessanterweise bist du in mehreren Bereichen einen ähnlichen Weg wie ich gegangen. Gerade die sofortigen Wundschocks halte ich für eine gute Idee, da sie Verwaltungsaufwand sparen und Abwechslung und taktische Möglichkeiten in den Kampf einbringen. Zumal sie sich auch ausgezeichnet mit Trefferzonen kombinieren lassen.

    Überraschungsmanöver hatte ich ebenfalls als vergleichende Proben umgesetzt, allerdings ohne die Option auf Schaden – die zugegeben interessant ist. Dazu hätte ich noch ein paar Fragen: Wie umfangreich ist die Liste an Effekten? Und wer sucht den „passenden“ Effekt aus, der Spieler oder der SL? Und skalieren diese Effekte (mit den Attributen, mit der Situation)?

    PS: Ich hatte irgendwie Probleme mit dem Senden, ich hoffe ich habe nicht 3231 Beiträge geschickt…

  2. RPGnosis sagt:

    Es gibt die Optionen auf:
    – Probenerleichterungen (für die eigene folgende oder für einen Verbündeten)
    – Probenerschwernis für Gegner
    – Initiativmalus für Gegner
    – echter Schaden
    – nichtletaler Schaden (mit erhöhtem Schockpotential)
    – erzwungene Überraschungsprobe für den Gegner (zieht Effekte einer Überraschungssituation nach sich: INI- und Proben-Mali, potentiell kann der Gegner die Probe aber natürlich bestehen und keinen Malus erhalten)

    Welcher Effekt jeweils eintritt, ergibt sich aus der jeweiligen Situation und der Verhandlung zwischen Spieler und Spielleiter, je nach Darstellung der Handlung – beispielsweise würde eine geworfene volle Bierflasche normalerweise den nichtletalen Schaden mit Schockbonus verursachen, außer der Charakter möchte den Feind mit dem Wurfgeschoss explizit ablenken, dann könnte daraus auch eine der ersten drei Optionen werden. In den Auswirkungen ist man also flexibel, üblicherweise macht der Spieler den Vorschlag und der SL akzeptiert oder macht einen Gegenvorschlag, wie sonst überall auch, wenn improvisiert wird.

    Die Stärke des Effekts ergibt sich – wie bei normalen Kampfwürfen und anderen vergleichenden Proben – aus dem Qualitätsvergleich zwischen Angreifer und Verteidiger. Zusätzlich gibt es die Option auf weitere Bonus- oder Malusstufen, wenn man in das Manöver z.B. mehr als eine Handlung investiert oder weitere Effekte (wie z.B. die gleichzeitige Auswirkung auf mehrere Gegner) will.

  3. Christoph sagt:

    Klingt sehr interessant und die Vereinfachungen / Veränderungen klingen sinnvoll. Die Verwaltung von multiplen Erschwernissen über längere Dauer ist für mich ein Punkt der mehr Mühen als Spiel / Realismus Vorteil mit sich führt. Die Frage zur genaueren Ausgestaltung des Rahmens für „Sonderaktionen“ von Curthan lag mir auch sehr auf der Zunge 😉

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