In aller Kürze: HeXXen 1733 kommt. Gemischte Gefühle.

Am 21.August ist das HeXXen-Crowdfunding gestartet. Auf dieses neue deutsche System habe ich vor mehr als drei Jahren, als es noch ganz frisch war, bereits mit einem kurzen Artikel hingewiesen. Dann ging der Autor Mirko Bader zu Ulisses, man werkelte noch lange Zeit daran rum, und jetzt kommt es bald an die Öffentlichkeit – in einer gecrowdfundeten, überarbeiteten Version. Das hinterlässt bei mir gemischte Gefühle. Vielleicht zuerst zum Positiven: Schick, sehr schick schaut das aus, was man bisher präsentiert bekommt an Layout und Artwork. Das Thema an sich (Monsterjäger im Europa des frühen 18. Jahrhunderts) finde ich cool. Und das damals kostenlos veröffentlichte System (das es übrigens hier immer noch zum Download gibt) hatte einen starken Fokus mit innvoativen, cineastischen Regeln.

Über die letzten zwei Jahre wurde daraus ein Hochglanzprodukt, wie es dem größten deutschen Rollenspielverlag würdig ist. Vom professionellen Video über die teils sehr hübschen Prämien – HeXXen 1733 ist der inzwischen dritte Crowdfunder, den ich unterstütze, wenn auch diesmal mit sehr gemischten Gefühlen, denn einiges daran schmeckt mir gar nicht. Ärgerlicherweise sind das auch noch alles Dinge, bei denen irgendwer in meinem Hinterstübchen ständig „pecunia non olet! pecunia non olet!“ schreien muss.

Mein Unmut beginnt (und endet derzeit) auch in erster Linie bei der Finanzierung und den Preisen des „professionellen“ HeXXen. Die kostenlose 1730er-Version war ein schlankes W6-Poolsystem – das Ulisses-1733-Modell verwendet Spezialwürfel. Also, richtig besondere W6, die es in 20 € teuren Boxen mit 18 Stück gibt. Oder in einer 40 € teuren Spielleiterbox, die zusätzlich noch 32 Seiten Spielleitertips, Tokens, eine Karte und eine „Battlemat“ beinhaltet. Dann gibt’s eine Kampagnenbox für 30 €, die ganze 96 Seiten Text (und Tokens) beinhaltet. Und 2 Spielkartensets á 15 €. Und 2 Sets mit extra Pokerchips für je 15 € (10 Stück). Und ein eher minimalistisch illustrierter Spielleiterschirm für 25 €. Ich gehe außerdem davon aus (man belehre mich gerne eines besseren), dass ein Satz Würfel für eine ganze Spielrunde zu wenig sind, und dass um des Komforts willen eher eins pro Spieler vorhanden sein sollte.

Ok, einige Prämien sind schon nett – etwa eine große Karte, oder Kurzabenteuer. Andere dagegen sind zu offensichtlich nur „Teaser“, wie „2 Tracks vom Soundtrack“. Und eigentlich hätte ich gehofft, in einem 40 €-Buch auch eine A3-Karte finden zu können.

Mein Unbehagen dreht sich also letztlich ums Geld. Zunächst grundsätzlich – ich zitiere Der Rote Baron im Tanelorn:

Etwas erstaunlich finde ich die sehr niedrige Summe des Projekts. Das sollte ein etablierter Verlag eignetlich stemmen können – € 2.500! Also bitte!
Ich bemerke eine immer stärkere Tendenz der Verlage, den Einzelhandel zu umschiffen udn das Unternehmensrisiko auf den Kunden zu verlagern, denn sonst würde man ja (wie System maters) einfach nur Kundenvorbestellungen annehmen. Ich kann verstehen, dass man dies bei größeren Projekten scheut (z.B. seinerzeit bei der DSA-Übersetzung ins Englische) oder wenn ein Fan oder die RQ-Gesellschaft das macht, aber € 2.500 – hat man nun Vertrauen in das Produkt oder nicht?

Ulisses ist ein Millionenunternehmen mit inzwischen internationaler Präsenz. Ein Kickstarter wirkt da irgendwie deplaziert. Unangenehmer als die Vorfinanzierung an sich finde ich aber zum einen den eingeschlagenen Weg des Spezialwürfel-, Token- und Spielkartensystems, das darauf ausgelegt ist, möglichst viel Zusatzkram zum eigentlichen Regelbuch zu verkaufen. Und ernsthaft, eine Kampagnenbox mit nur 96 Seiten Text für 30 €? Klar, inzwischen kann ich es mir leisten, aber irgendwie scheint mir das hochgegriffen. Ebenso bei der Spielleiterbox – 32 Seiten Spielleitertipps hätten höchstwahrscheinlich schon auch noch zu einem vernünftigen Preis ins normale Regelbuch gepasst.

Interessant und etwas inhaltsschwerer werden die Boxen meiner Ansicht nach erst über die entsprechend später freigeschalteten Prämien (wie Zusatzabenteuer etc.) – aber, wenn der Preis eh darauf ausgelegt ist, ist das ganze wieder nur eine Hype-Maschine, die vor allem mal die Leute dazu bringen soll, möglichst viel Geld im Voraus für die „Katze im Sack“ auszugeben – das vernünftige Paket mit Regelbuch und beiden Boxen kostet halt mal geschmeidige 110 €, was schon eine ziemliche Hausnummer ist.

So drängt sich mir irgendwie das Gefühl auf, dass HeXXen auch vor allem ein teures System mit viel Zusatzkram werden soll. Und das gefällt mir ehrlich gesagt bei dem engen Spielfokus (der sicher cool ist, aber eben vielleicht nicht so ultra langlebig) nicht so besonders – würde ich es mit meiner Gruppe (die schon gerne eher Tiefgang hat) spielen wollen, gilt, was Blechpirat bei Richtig Spielleiten! schrieb:

Aber wenn ich da spielen will, dann brauche ich: Soziale Konventionen, Anreden, reichlich Beispiele für politisches Ränkespiel, Regeln, Gesetze, Lebensumstände von Volk und Adel. Genug Details über die wirtschaftlichen Zusammenhänge.

Schlicht, damit es nicht bei Bier&Brezel bleibt. Ich fürchte aber, insgesamt könnte mir das System zu wenig text- und spielweltlastig werden, und dafür dann insgesamt zu teuer.


Die Zeit an sich ist halt cool, etwas thematisch Ähnliches (Ende 17. Jahrhundert, also Mantel&Degen, aber mit eher hintergründigem, fast cthuloidem Anstrich) hatte ich auch schon vor langem als Triakonta-Setting im Kopf. Vielleicht mache ich, um die Wartezeit auf Pandora zu verkürzen, dann einen HeXXen-Mod.

Ich habe mich trotz allem für die 40-€-Regelbuch-Variante entschieden und werde das neue HeXXen wie damals schon angekündigt, wohl auch hier auf dem Blog einer genaueren Betrachtung unterziehen. Ich bin gespannt.

 

Was haltet ihr von HeXXen, insbesondere der Produktpolitik? Habt ihr die originale, kostenlose Version mal gespielt oder näher angeschaut? Werdet ihr jetzt zuschlagen?

6 Kommentare zu “In aller Kürze: HeXXen 1733 kommt. Gemischte Gefühle.

  1. mirkobader sagt:

    Die Bedenken und Hintergedanken kann ich nicht ausräumen. Will ich auch gar nicht. Ist deine Meinung. Dass Ulisses ein „Millionenunternehmen“ ist — kann das in einem solchen Nischenmarkt wie der Deutsche Rollenspielmarkt wirklich sein? Dafür ist das Unternehmen doch sehr bodenständig. Aber eines muss ich klarstellen: Die Zusatzprodukte wie die Spezialwürfel und die Pokerchip-Marker sind cool, aber wir haben mehrfach und immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dass man sie nicht zwingend braucht. HeXXen 1733 kann nach wie vor mit normalen W6 gespielt werden. Das Zusatzmaterial sind „Angebote“. Sie sind schick und praktisch, aber nicht zwingend nötig.

  2. Athair sagt:

    Die Preispolitik finde ich soweit in Ordnung. Ziel ist es halt „Hänsel & Gretel Hexenjäger“ optisch wiederzugeben (Kunstledereinband bei der Normalausgabe). Und: So komponentenschwer ist das Teil auch wieder nicht. Ich gehe davon aus, dass man von dem Zubehör nichts wirklich braucht und dass man relativ gut mit Proxies arbeiten kann, wenn man den „Beschläunigungseffekt“ des Spielmaterials nutzen will. (Bei WFRP3 hat man schon viel verloren, wenn man nicht alles nutzte.)

    Grundsätzlich würde ich schon zustimmen, dass die Produkte eher auf der teureren Seite stehen. Insbesondere, wenn man das PDF betrachtet. Aber alles im Rahmen des Üblichen.

    Was mir viel mehr Kopfzerbrechen bereitet:
    Die Idee ist nett. Das ganze Konzept hört sich nach nem spannenden Spiel an.
    Mir fehlen nur die Alleinstellungsmerkmale. In der Nische gibt es nämlich wirklich! viele! Spiele.
    Alle nicht so mega bekannt, aber auch nicht soo unbekannt.

    Ich habe:
    Dark Streets 2nd: Krimi-Action in London bzw. England 1749. Cthulhu-Einflüsse optional.
    Clockwork & Chivalry 2nd: Englischer Bürgerkrieg (Cromwell & Co.) um 1649 mit Alchemie, Clockpunk und Hexerei. Hat auch was zum 30-jährigen Krieg (was ich nicht besitze.)
    Rippers: Monsterjäger bzw. Horror-Action mit Rippertech in einem vikorianischen Setting, das von Hammer-Filmen inspiriert ist. Referenzzeit: um 1800.
    The Savage World of Solomon Kane: Solomon Kane halt. Savagery & Horror of landless wanderers. Untypische Sword & Sorcery mit Bezugszeit um das späte 17.Jh.

    Was es noch gibt:
    Witch Hunter: The Invisible World 2nd. Spielt um 1689. Witch Hunters, those who do battle against the Forces of Darkness.
    The Witcher RPG: Noch nicht draußen, aber auf der GenCon liefen Spielrunden. Historische Referenz: Am ehesten Polen-Litauen (1569 bis 1795). Hat auch ne sehr ähnliche Prämisse und bietet eine beliebte Welt.
    LexOccultum: Ein Spiel um Geheimgesellschaften, Horror, Mystery im 18.Jh.
    Zweihänder bringt was für in der Richtung 30-jähriger Krieg.
    Lamentations of the Flame Princess hat Kram zum English Civil War und zum 30-jährigen Krieg.

    … es gibt sicher noch mehr.
    Monsterjäger sowieso.

  3. RPGnosis sagt:

    Ich gehe davon aus, dass man sie nicht braucht, sonst wäre es nicht so richtig cool, sie getrennt vom Regelbuch zu verkaufen.
    Inhaltlich bin ich nach wie vor gespannt, in welche Richtung sich HeXXen entwickelt hat; der Beitrag soll nicht heißen, dass ich mich nicht immer noch darauf freue – nur bin ich kein Fan der Vermarktungsstrategien von Ulisses. Schon nicht bei DSA5, und jetzt auch nicht bei HeXXen.

  4. Athair sagt:

    Da die Finanzierung gesichert ist: Wer Interesse hat, kann sich HeXXen 1733 ja im Laden anschauen. Ich denke ich werde das tun. Das Spiel hat einige Konzete, die ich cool finde und andere, die mich eher zurückschrecken lassen.

  5. […] zum Spielen kommen, kann ich meine Motivation mal wieder in einen Blogbeitrag stecken, der eh schon lange angekündigt […]

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