„Neustart“ in eine bessere Zukunft?

… oder „Eine kurze Betrachtung zur Lage der deutschsprachigen Rollenspielblogszene“.

Seit Alexanders Artikel „Community, wo bist du?“ tut sich wieder mehr in der deutschen Rollenspielbloggerszene. Nicht nur wurde im Blog von Ace of Dice engagiert kommentiert, auch im Forum von RSP-Blogs wurden mehrere Threads zu dem Thema gestartet – einmal zur Diskussion des Artikels selbst, zu der Frage, wie man das Forum für Neublogger attraktiver gestalten könnte, ob man vielleicht auch einen besseren Namen braucht.

Sind Blogger Selbstdarsteller, die ein gemeinsames Forum nicht nutzen, sondern lieber auf ihrer eigenen Adresse posten und sich an den vielen Kommentaren (falls die kommen) erfreuen? Ist es sinnvoll, Inhalte statt zu bloggen in soziale Netzwerke auszulagern? Was für Vor- und Nachteile haben klassische Blogs gegenüber G+ und Konsorten? Macht das Bloggerforum überhaupt Sinn, wo es für allgemeine Rollenspieldiskussionen doch das Tanelorn, und für systemspezifische Fragen offizielle Verlagsforen gibt? Es gibt noch viele Fragen zu klären, aber dieser durchaus auch selbstkritische Ansatz ist in meinen Augen sehr positiv zu werten. Nicht nur, dass Rollenspieler ohnehin eine sehr kleine Nische der Gesellschaft besetzen, als Blogger (und damit auf seine Weise „Aktiver“) hat man eine Nische-in-der-Nische, und wenn man dann noch seine persönliche Schnittmenge mit anderen Leuten in den Kategorien „aktiv diskutierend“, „nicht/schon Forum X nutzend“, „sich für System Y interessierend“ oder „an Rollenspieltheorie interessiert“ bilden muss, wird die naturgemäß winzig.

Eine Sache, die ich am RSP-Blogs Forum von Anfang an geschätzt habe, ist der Klartext, der dort gesprochen wird. Auf Außenstehende kann das elitär, unfreundlich und wenig einladend wirken, aber beispielsweise die Reaktionen der Blogger auf Zornhaus Abrechnung mit dem von ihm ausgerichteten Karneval zeigen sehr positiv, wie kritikfähig und an inhaltlichen Diskussionen interessiert man offenbar doch ist. Man bekommt in diesem Forum sicher keinen Staubzucker in den Hintern geblasen, aber hat dafür eine kleine, aber ehrliche und engagierte Community – die nur irgendwie nicht so viel miteinander kommuniziert, wie sie könnte und vielleicht auch sollte.

Nach wie vor bestehen grundsätzliche Probleme, die nicht gelöst sind – beispielsweise, was man in diesem Forum eigentlich diskutieren soll. Zwar kann man dort Diskussionsthreads zu eigenen Blogartikeln erstellen, das ist allerdings ein gewisser Aufwand auf der einen Seite, auf der anderen ist das beispielsweise für mich persönlich bisher nicht „nötig“ gewesen – denn hier ist in den Kommentaren ziemlich viel los, die Kommentare sind abonnierbar und so weiter. Diskutieren kann man also auch hier direkt, wenn man das will. Würde ich einen Diskussionsthread im Forum erstellen, würden dort viele Blogkommentatoren vermutlich nicht reinschauen, und Stamm-Forengäste vielleicht die Kommentare im Blog nicht verfolgen. Das wäre genau ein Beitrag zur von Alexander beobachteten „Zersplitterung“ der Community, anstatt zu einer größeren Vernetzung. Aber die Kommentarfunktion deaktivieren und alles nur im Forum diskutieren? Halte ich für keine gute Lösung, denn ein Kommentar ist schneller geschrieben als ein Forenaccount erstellt.

Auf der anderen Seite gibt es das die deutsche Rollenspielerszene (in meiner Wahrnehmung zumindest) dominierende TanelornForum – wer sich nicht in Systemforen herumtreibt, der diskutiert dort. Vier- und fünfstellige Beitragszahlen von Benutzern sind keine Seltenheit. Kann oder soll das RSP-Blogs-Forum eine Alternative (oder gar Konkurrenz) zu diesem Riesenteil werden, wo von A bis Z alle bekannten und unbekannten Systeme, Theorien, Themen und Ansichten vertreten sind? „Braucht“ es ein zweites, systemunabhängiges Forum, wo man über alle möglichen Rollenspielthemen diskutieren kann? Ist die überschaubare Mitgliederzahl im RSP-Blogs-Forum hierfür Vor- oder Nachteil?
Und wie ist überhaupt der Eindruck von Blog-Lesern auf dieses Forum? Wird es überhaupt wahrgenommen, und wenn ja, wie? Würde sich vielleicht der eine oder andere gern mit gleichgesinnten Rollenspielern austauschen (oder solche vielleicht suchen und finden) und dazu mal nicht das Tanelorn oder ein Systemforum nutzen?

Viele Fragen sind derzeit noch offen, aber: es wird wieder diskutiert. Abseits von konkreten Artikelinhalten, ganz allgemein über die Szene, und wie sie vielleicht besser zusammenwachsen und kooperieren könnte. Das freut mich sehr.

 

Neues Interesse an theoretischen Betrachtungen?

Besonders positiv fällt mir im Zuge dieser Diskussion auf, dass offenbar gleichzeitig zum Wunsch nach größerer Vernetzung auch das Interesse an abstrakten Überlegungen zum Rollenspiel insgesamt wieder angefacht wurde. Rollenspieltheorie, da denkt jeder, der’s kennt, zuerst an GNS und das Big Model, an endlose Tanelorn-Diskussionen, wo auf Seite 35 dann herauskommt, dass alle miteinander (bis auf W3 Personen) die Theorie völlig missverstehen, und schließlich jemand die Diskussion beendet mit „wir wissen doch alle, dass das Mist ist“. Ich habe allerdings das Gefühl, dass zum Thema „Rollenspieltheorie“ noch lange nicht alles gesagt ist, und es vor allem neue Ansätze braucht, die noch grundlegender sind als creative agendas und Konsorten. Hierzu hat der Blechpirat gerade einen Artikel online gestellt, der mit der Frage beginnt, warum und wozu man im Rollenspiel Regeln anwendet. Saugut – das sind Fragen, von denen ich mir wünsche, dass interessierte Rollenspieler sie diskutieren. Von unten mit dem theoretisieren beginnen, unverdorben von den Kampfbegriffen des Big Model – mein utopisches Fantastenherz sieht hier vielleicht gar einen Neuanfang in der seit zehn Jahren doch eher stagnierenden Theoriediskussion.

So wie die Österreicher schon vor dem Erscheinen von D&D mit Magira die erste fantastische „persistente Welt“ bespielten, könnte vielleicht auch heute wieder ein neuer Impuls aus Europa kommen – nämlich neue Ideen und Ansätze, um das Pen&Paper-Rollenspiel theoretisch zu beleuchten und vielleicht sogar weiterzuentwickeln. Ich bin gespannt, wie das weitergeht – das Interesse hierzu scheint ja bei vielen da zu sein (danke an dieser Stelle auch an alle Kommentatoren hier im Blog), nur ist es nicht ganz leicht, einen neuen Anfang nach einem Dutzend Jahr „Ver-Forge-ung“ der Diskussion zu finden.

Trotzdem – versuchen wir’s doch einfach.

 

Über diesen Artikel könnt ihr, neben der Kommentarfunktion, auch im RSP-Blogs-Forum diskutieren. Man würde sich auch dort über mehr Input von Nicht-Bloggern freuen.

4 Kommentare zu “„Neustart“ in eine bessere Zukunft?

  1. feyamius sagt:

    Das RPS-Blogs-Forum hat die nervigste Anmeldeart ever: Man muss sich von einem Admin freischalten lassen! Das ist sooo 90er! Wenn ich mich da anmelde, weil ich was schreiben will, hab ich schon längst wieder vergessen, was das war, bis sich der Admin mal bequemt hat (lies: Zeit gefunden hat), mich freizuschalten.
    Ich hab mich jetzt doch mal angemeldet, damit das nächste Mal, wenn ich dringend was dort schreiben will, ich das wenigstens tun kann.

    (Was ich diesmal eigentlich dort schreiben wollte: Manchmal will ich dich für deine Beiträge mental heiraten, vor allem dort deinen ausführlichen Kommentar zum Battlemap-Alternativen. Großartig! Sowas ähnliches hatte ich auch schon im angesprochenen Splittermond-Forenthread geschrieben, aber lange nicht so elaboriert.)

    Wie man der Zerfaserung entgegenwirken könnte, weiß ich auch nicht. Mein Ansatz wäre, immer nur in Kommentarbereichen des jeweiligen Artikels über diesen konkreten Artikel zu diskutieren. Keine Verlinkungen in Foren, wo dann weiterdiskutiert wird, und auch keine Diskussion in einem per Trackback verknüpften Blog über den ursprünglichen Artikel (in einem anderen Blog).

    G+ und Facebook sind dahingehend wirkliche Teufelswerkzeuge. Woanders (und schon breche ich meine eigene Empfehlung) schreibt Zornhau, weshalb er G+ gerne nutzt – kurz gesagt: wegen seiner multimedialen Möglichkeiten zur Kooperation – und da leuchtet mir dann auch ein, weshalb man dort so begeistert unterwegs ist. Aber FINDEN tut man dort nix. 😉

  2. Jan sagt:

    Ich kann mich Deinen Gründen für das Nicht-kommentieren von Blogartikeln im Forum anschließen. Zudem kann ich Foren nicht leiden, weil die Quote sinnvoller Inhalte gegenüber dem üblichen Mist sehr gering ist. Die Zeit, die man fürs filtern benötigt ist das Ergebnis einfach nicht wert. Darum werde ich für “De Malspöler“ in absehbarer Zeit auch keine Kommentare im Forum ermöglichen. Es wäre es eine höhere Hürde zum kommentieren und damit grundsätzlich nicht gut. Man spricht damit nur den kleinen Kreis Leute an, die regelmäßig im Forum unterwegs sind. Dafür habe ich aber mehr Arbeit mit den Blog. Ne, danke. Für die zusätzlichen Kommentatoren wäre es einfacher den Artikel im Blog zu kommentieren, wenn sie eh schon bei rsp-blogs.de unterwegs sind.

    An der Diskussionsfreundlichkeit von Blogs kann man aber noch arbeiten, z.B. mit Zitatfunktion und der optischen Gleichstellung von Artikel und Kommentar, so, dass es einem Forum näher kommt. Nur offener. Diesen Punkt werde ich auch im Hinterkopf halten und in Zukunft angehen.

  3. aceofdice sagt:

    Danke für die Erwähnung meines Blogs! 🙂
    Inhaltlich stimme ich mit vielem überein, nur nicht mit der These, dass noch lange nicht alles gesagt ist. Im Gegenteil: Ich orte eine gewisse thematische Ermüdung auf der allgemeinen Ebene. Aber vermutlich ist die normal. Je länger man Teil einer Community ist, desto mehr leidet man unter dem Murmeltier-Effekt. Wichtig ist nur, dass man dann nicht die Diskussion abwürgt oder den anderen verleidet („Nicht schon wieder dieses Thema. Lies mal nach im Archiv von 2008, da gab‘ es diesen Thread schon mal…“), sondern sich entweder konstruktiv einbringt oder nobel zurückhält.

    • RPGnosis sagt:

      Für einige Personen mag ich dir da zustimmen, aber das ist etwas, das man als später Hinzugekommener entweder erstmal nicht so merkt, oder sich danach nicht davon tangieren lassen sollte – denn Diskussionen anderer Leute nachlesen ist ziemlich faad, Fragen stellen, die man selbst eben noch nicht diskutiert hat, ist besser.
      Zumal man damit rechnen sollte, dass sich auch langjährige Rollenspieler in der Tendenz immer noch weiterentwicklen, Meinungen ändern etc.

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